Leserbrief an das Magazin von Menschen für Menschen

von Christel Buchinger und Thomas Hohnerlein

Sehr geehrte Damen und Herren,
wie immer haben wir mit Interesse Ihr neues Magazin gelesen. Wir können auch nachvollziehen, dass es für eine Organisation wie die Ihrige nicht von geringer Bedeutung ist, immer wieder „Prominenz“ in Ihren Projekten zu empfangen. Sehr gestört hat uns im neuen Magazin der Artikel, das Bild und den Text zum Bild über den Besuch von Frau Aigner und Hernn Heiderich.

Es ist Wahlkampf in der Bundesrepublik Deutschland und jede/r hängt sich natürlich aus dem Fenster, wo er/sie kann. Das ist nicht neu und doch sollte man erkennen, dass diese Art des Selfmarketings angesichts der Politik, die diese Prominenten nicht nur im eigenen Land, sondern vor allem auch gegenüber dem globalen Süden zu verantworten haben, zunehmend abstoßender wird. Das jüngste Buch von Jean Ziegler (Wir lassen sie verhungern) vermittelt mehr als nur einen Eindruck, wo die Verantwortlichen für Hunger und Unterentwicklung sitzen und wir können beim besten Willen nicht erkennen, wo ausgerechnet Frau Aigner und Herr Heiderich oder deren Parteien sich diesen Verantwortlichen entschlossen in den Weg stellen (dies gilt im übrigen auch für den Rest der „ganz großen Koalition“, die SPD, die Grünen und die FDP).

Eine entschiedene Ablehnung der Agrarsubventionen in den reichen Ländern können wir nicht erkennen, ebensowenig eine entschlossene Konterkarierung einer Weltbankpolitik, die offensiv die Produktion von Cashcrops im globalen Süden sowie die gleichzeitige finanzielle Förderung des Landgrabbings betreibt. Im Gegenteil gehören genau diese politischen Kräfte zu denen, die den Afrikanerinnen, den Asiatinnen und Lateinamerikanerinnen die Befähigung abspricht, einen landwirtschaftlichen Ertrag zu erzielen, der sie ernährt, der im Namen von „grünen Revolutionen“ (die in erster Linie dem agrarindustriellen Komplex Nutzen bringen) der Zerstörung der Subsistenz das Wort redet, ganz zu schweigen von den mörderischen Folgen der Strukturanpassungen und der vom Washington Konsensus verordneten Austeritätspolitik, angesichts derer die Kritik an den BewohnerInnen des Trikont wie blanker Zynismus, wenn nicht wie vorsätzlicher Totschlag wirken müssen.

Wir wissen alle, dass Geld da ist, wir wissen alle, dass es in den Rachen der Banken geschaufelt wird, wir wissen alle, wie lächerlich wenig es angesichts dieser Summen kosten würde, die Bäuerinnen und Bauern des Südens in die Lage zu versetzen, eine Landwirtschaft zu betreiben, die sie ernährt und in Würde leben läßt. Frau Aigner und Herr Heiderich sind Vertreter/in eines menschenverachtenden Systems, das Ersteres befeuert und Letzteres verhindert und das ist das Einzige, was uns an ihnen herausragend (eben prominent) erscheint.

Dass die „Bäuerin“ in Ihrem Bildtext namenlos bleibt und das in Ihrem Magazin, macht uns sprachlos. Sie ist die prominente Person auf diesem Bild und sie ist es, die wir auch mit Namen kennen möchten, auch wenn wir sie nie persönlich kennenlernen werden, ihr gehört unsere Hochachtung und ihr gegenüber möchten wir auf diesem Weg verdeutlichen, welche Scham uns befällt, uns sozusagen bei ihr zu Hause von Frau Aigner und Herrn Heiderich repräsentiert zu sehen. Das, was dieser Frau im besten Fall widerfährt, ist auf das Spendenengagement einiger Menschen zurückzuführen und selbst wenn die BRD etwas dazu gibt, ist es nicht Frau Aigner geschuldet, nicht Herrn Heiderich geschuldet – es handelt sich schlicht um die Steuerzahler, die das ermöglichen und das leider in einem viel zu geringen Umfang (wie der lächerliche Anteil der sogenannten Entwicklungshilfe am Gesamthaushalt zeigt).

Wir hoffen bei solchen Events zum Selfmarketing und kleinen Details, wie der namenlosen Bäuerin, auf Besserung.

Mit den besten Grüßen aus Berlin
Thomas Hohnerlein & Christel Buchinger

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